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Erfolg durch Nachhaltigkeit: Flensburger Forschungsprojekt berät Rohmilchkäserei Backensholz

Regionen sind als integrierte Wirtschafts- und Lebensräume zu begreifen: Durch den Strukturwandel verändern sich diese zunehmend. Sie müssen nachhaltiger werden, denn schon jetzt sind Konkurrenzsituationen um knappe oder begrenzte Ressourcen wie hochqualifizierte Arbeitskräfte, mobiles Kapital und technisches Wissen zu erkennen.

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„Die Anforderungen, die künftig an regionale Unternehmen gestellt werden, werden immer komplexer. Dabei ist es wichtig, dass Ökologie, Ökonomie und Soziales im Einklang betrachtet werden, denn dieses fordert auch zunehmend der Kunde: Es kommt dem Verbraucher nicht mehr allein auf den Preis an. Auch soziale Aspekte, Einflüsse auf die Umwelt in Form von ressourcenschonendem Wirtschaften sowie die eigene Gesundheit spielen künftig eine zentralere Rolle, als es früher der Fall war“, so der Projektleiter des Flensburger Forschungsprojektes „lebensmittel-eq.com“, Prof. Dr. Dr. Rainer Kreuzhof. Diese Kundenanforderungen, verbunden mit den Anforderungen aus den Rechtsbereichen und dem Qualitätsmanagement, die ständigen Änderungen unterliegen, erschweren oftmals das Treffen von erfolgsorientierten und verantwortungsbewussten Entscheidungen in kleinen und mittleren Unternehmen.

Genau diese Problematik greift ein regionales Forschungsvorhaben der Flensburger Hochschule auf: Ein Team um Projektleiter Kreuzhof entwickelt im Projekt „lebensmittel-eq.com“ ein integratives Managementsystem, um regionale kleine und mittlere Unternehmen zum nachhaltigen Management in Problemstellungen des Verbraucher-, Arbeits- und Umweltschutzes zu befähigen. Hierbei sollen durch modellhafte Beratungen im Projekt bereits erarbeitete Instrumente auf ihre praktische Relevanz hin überprüft und Know-how gewonnen werden. Die Modellberatung stellt ein wichtiges Kernelement des anwendungsorientierten Forschungsvorhabens dar, das durch das Wissenschaftsministerium mit 260.000 Euro über insgesamt drei Jahre gefördert wird.

Um genau dieses „auszuprobieren“, konnte die Rohmilchkäserei Backensholz unter Leitung von Thilo und Martina Metzger-Petersen gewonnen werden, denn das neustrukturierte Geschäftsfeld der Rohmilchkäserei mit bereits durchgeführter familieninterner Betriebsübergabe und auch eine Abgrenzung der Käserei von der Landwirtschaft mit eigener Rechtsform stellte die Inhaber vor neue Herausforderungen. In den kommenden Jahren sind weitere Neuausrichtungen der Käserei wie z.B. die Einführung neuer Geschäftszweige geplant. Alles in allem eine gute Beratungsgrundlage für das Flensburger Hochschulprojekt, denn die Fortführung der Modernisierung der Betriebsstrukturen hinsichtlich verschiedener Nachhaltigkeitsanforderungen der Gesellschaft auf der einen Seite und die Abwägung von betrieblichem Wachstum unter Aufrechterhaltung der traditionellen Produktion im Käsehandwerk auf der anderen Seite gilt es mittels des Projektes „lebensmittel-eq.com“ zu systematisieren und zu professionalisieren.

Bereits schon vor Jahren haben die Backensholzer mit der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie begonnen: Die Umstellung auf Bioland nach der Reaktorkatastrophe Tschernobyl zieht sich seit über zwei Jahrzehnten durch das Unternehmensleitbild beider Betriebe und bildet die Grundlage jeglichen betrieblichen Handelns. Dabei wird besonderer Wert auf ein „geschlossenes System“ zwischen Käserei und Hof Backensholz gelegt: Die erzeugte Rindergülle wird in der hofeigenen Biogas-Anlage aufbereitet und auf die Felder ausgebracht, dieses bildet wiederum Grundlage für das Rinderfutter und die Erzeugung qualitativ hochwertiger Milch für die Käseproduktion. Dabei werden zum „Käsemachen“ die Abwärme und künftig auch Strom aus der Biogas-Anlage genutzt. Molke aus der Käserei ist wieder ein Futterzusatz in der Kälberfütterung.

Die biologische Aufbereitung der Abwässer in der Käserei ist eine der innovativen Ideen, die Thilo Metzger-Petersen als junger Betriebsübernehmer in den kommenden Jahren in seinem Familienunternehmen umsetzen möchte. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Abgrenzung gegenüber industrieähnlichen Standardisierungen, denn „Käsemachen von Hand mit engem Kontakt zum Produkt kann nur im traditionellen Käse-Handwerksbetrieb erlernt werden“, erklärt Thilo Metzger-Petersen, der Lebensmitteltechnologie in Hannover studiert hat. Regionales Unternehmertum und Nachhaltigkeit funktionieren also – auch im Einklang, wenn diese gut strukturiert und systematisiert werden. Dabei ist es von Bedeutung, dass rechtliche Aspekte und Qualitätsmanagement im Unternehmen vorausschauend umgesetzt werden und jegliche Aktivitäten gegenüber allen Anspruchsgruppen wie Kunden, Mitarbeiter oder Lebensmitteleinzelhändler gut begründet, authentisch und nachvollziehbar vertreten werden.